biblio: urbanes mindestmass

Ursula Reisenberger u.reis at gmx.at
So Nov 16 19:39:01 CET 2003


liebes forum!

sei einiger zeit verbringe ich einen teil des jahres in amerika und bekomme
hier jeden tag schmerzlich zu 
spueren, wie ein land funktioniert, dessen regierung sich seit langem aus
der verantwortung fuer die 
foerderung aller nicht marktgaengigen teile des lebens verabschiedet hat. in
der vergangenheit war es 
moeglich, sich aus der europaeischen perspektive einigermassen ueberlegen zu
fuehlen, stolz  
darzustellen, wie sich unsere gesellschaft noch immer den vermeintlichn
luxus leistet, kunst und kultur und 
deren vermittlung von staats wegen zu foerdern. in der letzten zeit ist das
schwieriger geworden. gats 
wirft seine schatten voraus, und wir bemuehen uns redlich, uns auf den ach
so freien markt vorzubereiten.

nun lese ich in new york ueber das kulturleitbild fuer dornbirn. lese ueber
eine aussergewoehnlich aktive 
bibliothek (und deren offensichtlich aussergewoehnlich aktive leiterin) und
freue mich - bis auf seite 42. 
dort wird mir ueberraschenderweise mitgeteilt, dass "dynamik und
professionalitaet die grenzen des 
wachstums einer lokalen bibliothek ausgelotet beziehungsweise
ueberschritten" haetten. das ist mir neu. 
dass man etwas zu gut machen kann. zu dynamisch und professionell. zu
erfolgreich. dass diese bibliothek 
offenbar zu wenig lokal ist und nun auf ein "urbanes mindestmass justiert"
werden soll. normalerweise 
wuerde ich denken, das sei eine forderung nach mehr, was der begriff
"mindestmass" ja eigentlich heisst. 
hier scheint es aber zu bedeuten, dass man medien, die offenbar schon
vorhanden sind,  reduziert. es 
scheint also mehr um ein "urbanes mittelmass" zu gehen (vielleicht ohnehin
nur ein schreibfehler). denn 
wer erfolgreich ist, koennte jederzeit auf neue ideen kommen, neue
forderungen erheben, die uebliche 
praxis in frage stellen. es ist einfach bedrohlich, sich mit mehr als dem
mittelmass beschaeftigen zu 
muessen. alles eine sauce, schoen ueberschau- und kalkulierbar. gerade so
viel wie noetig ist, um den 
schein eines oeffentlichen kulturauftrags zu wahren. dann wird es nicht so
auffallen, wenn sich der staat 
bald ganz aus der verantwortung zurueckzieht. alles eine frage der guten
vorbereitung.

mit schoenen gruessen aus amerika,
ursula reisenberger



-- 
NEU FÜR ALLE - GMX MediaCenter - für Fotos, Musik, Dateien...
Fotoalbum, File Sharing, MMS, Multimedia-Gruß, GMX FotoService

Jetzt kostenlos anmelden unter http://www.gmx.net

+++ GMX - die erste Adresse für Mail, Message, More! +++




Mehr Informationen über die Mailingliste biblio-forum