biblio: Anmerkung zum Mail von Franz Pascher

Irmgard Kothbauer biblio-lieboch at gmx.at
Mi Dez 10 12:36:01 CET 2003


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> Liebe Mailinglist-Empfänger/innen!
> Ich habe eine Zeitlang über folgenden Satz im Pascher-Mail zur Causa
> Dornbirn (in die ich mich nicht einmischen möchte, da glühen eh schon alle
> Mail-Kanäle!) nachgedacht, in dem er schreibt:
> 
> Die müßige Diskussion darüber, was 'objektive' Qualität im Hinblick auf
> den Bestand einer Bücherei ist, möchte ich nicht aufnehmen, sie ist in der
> Fachliteratur bis zur Ermüdung geführt worden und erledigt - letztlich
> entscheidet über die Qualität, ob die angezielte Zielgruppe erreicht wird
und
> zufrieden ist. Alle Bemühungen, die Benutzer 'hinterrücks zu bilden',
> 'höherzulesen' etc., gehen davon aus, dass jemand besser weiss, was der
Benutzer
> braucht, als dieser selber - und sind Schnee von gestern.
> 
> Der Anspruch darauf, zu versuchen, Geschmacksbildung (mittels behutsamem
> Hinführen - ohne zu gängeln -  zu "etwas anderem") zu betreiben ist also
> passé? Wir sollten also explizit darauf verzichten, jemandem etwas zu
> empfehlen, was uns als "wertvoll" erscheint? Alle
erwachsenenbildnerischen,
> pädagogischen Bemühungen sind müßig, wenn es nur gelingt, mit (vielleicht
auch
> sehr anspruchsloser) Literatur eine Zielgruppe möglichst gut und
vollständig
> zu erreichen? Dann muss man einem Ex-Lehrer und Ex-Erwachsenenbildner wie
> mir aber auch erst einmal begreiflich machen, warum sich dann das
> österreichische Bibliothekswesen zur (Konferenz der) österreichischen
> ERWACHSENENBILDUNG zählt. Sollten wir (laut Pascher) dann nicht für
bestimmte Gruppen
> (Jugend, Männer .....) mehr Porno-Sex-Crime-Literatur haben? War in der
> Vergangenheit also doch die Bibliothek die beste, die es in ländlichen
Gegenden
> verstanden hat, bei einem großen Besucher- (Frauen-)kreis mit Hans Ernst
zu
> punkten?
> 
> Es mag sicher schwer sein, jemanden davon zu überzeugen, es auch einmal
> mit einem Stück anspruchsvollerer Literatur zu versuchen. Aber ist das
nicht
> doch auch heute noch eine Aufgabe sinnvoller Beratung? Oder sollen wir
> einfach alles - Kraut und Rüben ohne Wertung - in unseren Regalen haben,
> schauen, was am meisten gefragt ist und dann alles aussondern, was nicht
oder zu
> wenig geht? Ich fürchte, da müsste ich sehr bald bei den Klassikern, oder
> einem Adalbert Stifter, Thomas Bernhard und etlichen zeitgenössischen
> Autoren anfangen (häufig "Minderheitenprogramme" für Leute, die sich diese
> Literatur auch ohne Bibliothek selbst kaufen würden), übrig bleiben würde
die
> heute schon fast nicht mehr überschaubare Palette von Action und Krimi
sowie
> seichteste "Herz-Schmerz-Unterhaltung" und die berüchtigten
"Lebensbeichten"
> á la Dieter Bohlen (die ich sicher nicht einstelle, auch wenn sie noch so
> gefragt wären!).
> 
> Ich habe den Eindruck, dass das oben Geschriebene einfach deshalb heute so
> formuliert wird, weil jede Bildungsabsicht schwierig ist und man so am
> leichtesten darüber hinweg kommt, wenn man zugeben muss, diese Zielsetzung
> vielfach nicht erreichen zu können (- also ein bisschen "Fuchs und saure
> Trauben!").
> 
> Ich bin sicher, dass sofort der Vorwurf kommen wird, wenn wir derartige
> Gedanken haben, würden wir versuchen, Leute zu manipulieren. Aber jeder,
der
> für seine Absicht Leute begeistern will, wird in diesem Sinn
"manipulieren"
> (der Begriff an sich ist neutral, nicht negativ, zu sehen), denn was ist
> nicht "Manipulation":  von der Produkt- und Firmen-Werbung angefangen über
> den Künstler, der für sein Produkt begeistern will, und natürlich auch
> Erziehung, Schule und Erwachsenenbildung (ich bin immer noch davon
überzeugt,
> dass diese "EB" auch für Bibliotheken der richtige Platz ist und wir dabei
> auch heute noch so etwas wie einen "Bildungsauftrag" haben, den wir z. B.
> besser erfüllen sollten, als der nur auf Quoten schielende ORF). Nennen
wir es
> besser "Motivation" statt "Manipulation" der Kunden, was Bibliothekare
> auch heute noch bewegen (und gerade im ehrenamtlichen Bereich selbst
> motivieren) sollte, sich im Hinblick auf eine "Bildungsgesellschaft" zu
engagieren.
> 
> Mit freundlichen Grüßen
> 
> 
> Johann Lenzenweger, Bibliotheksleiter
> 
> Öffentliche Bibliothek der Pfarre und Marktgemeinde
> Marktplatz 1 / Pfarrheim
> A-4180 Zwettl an der Rodl, Oberösterreich
> 
> Tel.: [0043] (0)7212-20054; Fax: -20065
> E-Mail:        mail at bibliothek.zwettl-rodl.at
> Homepage: www.bibliothek.zwettl-rodl.at
> ---------------------------------------------------------
> 
> Privatadresse des Leiters:
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 Lieber Herr Lenzenweger!
Ich habe wegen meines Urlaubes Ihr Mail erst heute gelesen. Ich gebe auch
Hans Ernst Bücher an die Leser weiter - wenn es sein muß - aber ich liebe gute
und anspruchsvolle Literatur und habe nach Jahren in der Bibliothek (22) auch
die entsprechenden Leserinnen dazu. Ich arbeite am liebsten mit guten
Kinderbüchern, da kann ich schon "manipulierend" eingreifen, Kinder fördern und zu
Diskussionen herausfordern, ein bisschen den Geschmack durch die
entsprechenden Bücher bilden helfen, das macht für mein Team und mich die Arbeit spannend
und lohnenswert - alles ehrenamtliche MitarbeiterInnen.
Bei uns werden Sie auch keinen Dieter Bohlen und seinesgleichen finden, aber
wir haben trotzdem recht viele LeserInnen. Liebe Grüße  Irmgard Kothbauer

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